Haushaltsrede 2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Oberhausenerinnen und Oberhausener,

wenn man über das Scheitern in verschiedenen Lebenslagen spricht, benutzt man zur Veranschaulichung gern Maßeinheiten. Beim Golf verpasst man um Haaresbreite das Loch, beim Fußball streicht der Ball nur Zentimeter über die Latte. Beim Radrennen wird der Führende wenige Meter vor der Ziellinie abgefangen. Bei der Erstellung eines ausgeglichenen Haushalts für die Stadt Oberhausen helfen Einheiten wie Millimeter, Zentimeter, Meter oder sogar Kilometer lange nicht mehr. Hier benötigt man astronomische Einheiten, denn von einem ausgeglichenen Haushalt sind wir Lichtjahre entfernt.

In den vergangenen Jahren dieser Wahlperiode haben wir, die FDP im Rat der Stadt, in unseren Haushaltsreden oft kritisiert, dass eines der größten Einsparungspotenziale, nämlich die dringend notwendige Umstrukturierung der Verwaltung, die Optimierung der Verwaltungsprozesse und die Umsetzung einer bürgerfreundlichen One-Stop-Shop-Strategie, einfach außer Acht gelassen wurde. Es ist müßig, auch in diesem Jahr darauf wieder hinweisen zu müssen. Darum sparen wir uns und ersparen Ihnen dieses Thema heute.

Sprechen wir stattdessen über die Verantwortung der Politik, die schließlich die Richtung des Handelns der Verwaltung vorgibt, Leitplanken setzt und deren Einhaltung überwacht. Es fällt auf, dass mitten im Wahlkampf das Ansehen der eigenen Parteien über die Interessen der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger gestellt wird – und das ist schlichtweg schädlich für Oberhausen.

Die CDU wirft sich schützend vor ihren Oberbürgermeister und versucht, unangenehme Themen kleinzuhalten – siehe die Projekte Gustavstraße oder der Neubau der Gesamtschule. Die SPD stützt ihren Kämmerer und freut sich über Umverteilungen. Statt zu sparen, kommen immer neue Forderungen, Geld für die eigene Klientel auszugeben. Auch die Grünen engagieren sich lieber für ihrer Fahrradlobby gefallende Verkehrsprojekte, wie die sinnlose Radwegsituation an Bebel- und Concordiastraße, die sie mit zu verantworten haben. Was allen in diesen Zeiten fehlt, ist der Mut, Dinge zu ändern und auch notwendige unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Vor den Wahlen wird so etwas gern ausgeblendet. Das ist falsch.

Auf der einen Seite werden Millionengräber wie die Sanierung der Zechensiedlung an der Gustavstraße – ich komme noch dazu - ohne Wortmeldung im Haupt- und Finanzausschuss durchgewunken, auf der anderen Seite werden vermeintlich kleine Ausgaben wie z.B. die Sprudelwasser-Option bei den von uns initiierten Trinkwasserspendern an Schulen weggespart. 10 Millionen für 29 Mietparteien sind ok, 100.000 Euro jährlich für 25.000 Schüler sind aber zu teuer. Verantwortungsvolles Handeln sieht anders aus.

Beginnen wir mit der Schulplanung. Ursprünglich war die neue Gesamtschule mal vorsichtig auf 65 Millionen Euro taxiert worden, später mit 87 Millionen angeblich seriös anhand von Statistiken geschätzt. Inzwischen liegt die Berechnung bei 157 Millionen Euro. Mehrkosten von 70 Millionen Euro – wenn wir doch eben noch von Maßeinheiten gesprochen haben, sind das umgerechnet 700 Sprudeljahre für unsere Schülerinnen und Schüler.

Wie kann man in Angesicht von dieser Fehlschätzung noch von seriöser Bauplanung sprechen. Bleiben wir im Schuljargon und sagen: „Setzen – 6.“ Das ist keine solide Planung, das ist ein Desaster.

Die Sanierung der denkmalgeschützten Zechensiedlung Gustavstraße soll, ich erwähnte es kurz, über 10 Millionen Euro (also 100 Sprudeljahre) kosten – für gerade einmal 29 Mietparteien. Kein privater Vermieter würde in ein solches Projekt investieren, da die Kosten nie durch Mieten amortisiert werden können. In der aktuellen Haushaltslage ist dieses Projekt ein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Eine Debatte über Alternativen, wie den Verkauf der Siedlung, hat nicht stattgefunden. Dieser Umgang mit Steuergeld ist gegenüber allen anderen Mietern unserer Stadt nicht gerecht, subventionieren wir mit der Sanierung quasi die Mieten einzelner Bewohner. Wo ist denn hier der Gleichbehandlungsgrundsatz?

Auch bei der Förderung freier kultureller Aktivitäten zeigt sich eine mangelnde Seriosität. Die SPD fordert eine Erhöhung des Budgets um fast 40%, weil es schon jetzt durch mangelhafte Prüfung für das kommende Jahr nahezu ausgeschöpft ist. Unsere kulturpolitische Sprecherin hat ein Konzept für eine gerechtere Verteilung der Mittel ausgearbeitet und dies mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU auch schon intensiv besprochen. Doch die SPD hat es nicht einmal gelesen, die Grünen haben noch nicht einmal geantwortet. Stattdessen wird schlecht geprüft und Geld verteilt, das dann fehlt. Und weil es fehlt, erhöhen wir einfach den Betrag. So sieht keine verantwortungsvolle Arbeit aus.

Der Rat der Stadt ist kein Passagier in der Rakete der Kostensteigerung. Aussagen wie „Hier kann man nichts ändern“ sind bequem, aber falsch. Politisch für den Rat der Stadt gilt: Alles lässt sich ändern.

Doch leider handelt die Oberhausener Politik oft so, als gäbe es kein Morgen. Die gute Nachricht ist: Es gibt ein Morgen. Dieses Morgen ist unsere Chance, die Lichtjahre zwischen uns und einem ausgeglichenen Haushalt zu überbrücken. Und genau darum ist ein verantwortliches Haushalten so wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates unserer Stadt: Lassen Sie uns sinnvoll gemeinsam gestalten. Wir dürfen die Kostenexplosionen nicht hinnehmen – weder bei der neuen Schule, noch bei anderen Bauprojekten oder bei der Kulturförderung. Wir schulden es den kommenden Generationen, mutig zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Denn die Schüler von heute sind die Steuerzahler von morgen, die unsere Schulden bezahlen müssen. Lassen Sie uns weiterdenken und mutig sein. Lassen Sie uns Dinge ändern.

Vielen Dank.