Haushaltsrede 2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Tsalastras,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,
liebe Oberhausenerinnen und Oberhausener,
Krisen zwingen uns häufig zu Veränderungen! So sagten Sie, Herr Oberbürgermeister bei der Einbringung des Haushalts für das nächste Jahr.
Nach einem weiteren Jahr Pandemie, Beginn des Krieges in der Ukraine, in einem Jahr voller Inflation, Fachkräftemangel und Wirtschaftskrise mutet ihr Zitat wie ein Satz an, der Hoffnung gibt, der Mut macht. Mut zur Veränderung gewissermaßen. Mut, Dinge umzusetzen, die langfristig wirken, die uns dauerhaft nach vorne bringen. Hoffnung, dass Problemstellungen aus der Vergangenheit gelöst werden konnten, Hoffnung, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt und es nicht der Gegenverkehr ist, der auf uns zurollt. Konkret: Hoffnung, dass der Haushalt versucht, die Einnahmenseite seriös zu steigern und die Ausgabenseite genauso ambitioniert in Grenzen hält.
Mittlerweile das dritte Jahr mahnen wir im Rahmen der Aussprache zum Haushalt die Personalstruktur und die damit verbundenen Kosten aus dem Stellenplan an. Natürlich ist meckern leichter als machen, Herr Oberbürgermeister. Aber daraufhin zu schlussfolgern, wir, die FDP sei grundsätzlich gegen neue Stellen ist falsch. Wir zollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Verwaltung größten Respekt und begleiten sinnvolle Neuanstellungen im Rat der Stadt immer positiv mit – gerade im Rahmen der aktuellen Krisenbewältigung.
Was wir – und ich betone – konstruktiv kritisieren, ist die Struktur der Verwaltung, die sich immer weiter aufbläht, es wird notdürftig ausgebessert anstatt reorganisiert. Wir fordern einfach mehr Effizienz. Lassen Sie uns endlich eine schlanke, bürgerfreundliche Verwaltung schaffen – lassen Sie uns unsere Idee vom One Stop Shop realisieren. Statt etlicher Wartemarken wollen wir einen Besuch beim Amt, der alles regelt.
Effizienz, das ist das Gebot zur Haushaltsoptimierung. Rein digitale Prozesse statt ausdrucken, ausfüllen, einscannen, wegmailen, abheften und archivieren. So beeindruckend er im siebten Stock des Rathauses noch zu bestaunen ist – die Zeiten des gigantischen Akten-Rollregals Compactus sollten im Jahr 2022 längst vorbei sein.
Krisen zwingen uns häufig zu Veränderungen. Statt nachhaltigen Lösungen für die kommunalen Probleme, stützt sich dieser Haushalt auf neue Isolierungen, also auf Buchhaltungstricks und Augenwischerei. Freilich, Herr Tsalastras, können wir Ihnen das nicht vorwerfen. Diese Maßnahmen sind nur die hilflosen Instrumente, die uns Land und Bund an die Hand gegeben haben. Hier – und da stimmen wir Ihnen zu, muss endlich eine umfassende Lösung für so hoch verschuldete Kommunen wie uns gefunden werden. Denn bei jetzigem eher niedrigem Zinssatz belasten diese Tricks alle weiteren Haushalte der nächsten 50 Jahre schon auf über 4 Millionen Euro jährlich. Das dürfen wir unseren Kindern und Enkelkindern wahrlich nicht zumuten.
Nennen wir es beim Wort: Wir machen hier nicht 200 Tausend Euro plus, nein – wir machen 87 Millionen Euro neue Schulden! Insgesamt sind es schon fast 2 Milliarden Euro.
Was tut man, wenn man Schulden hat? Man spart auf der einen und arbeitet mehr und härter auf der anderen Seite. Viele unserer Sparpotentiale sind aber noch nicht ausgeschöpft. Ich sagte es bereits, zum Beispiel eine neue Verwaltungsstruktur spart Kosten und schafft Effizienz.
Auf der Einnahmenseite sieht es ähnlich aus. In vielen vergangenen Jahren funktionierte es immer so: Wir haben zu wenig Geld, also rauf mit den Hebesätzen von Gewerbe- und Grundsteuer. Das gibt fetten Ertrag und man kann sich weiter alles leisten. Leider ist das eine sozialdemokratische Milchmädchenrechnung. Bei den Daumenschrauben Hebesätze ist es wie zuhause beim Heimwerken:
Beim Schrauben gilt, die Steigerung von „fest“ ist „fester“ und danach kommt „ab“.
Die hohe Gewerbesteuer hat zu Abwanderung von Unternehmen geführt. Daran sieht man, die Steigerung der Einnahmenseite geht anders: Lassen Sie uns Wirtschaftsflächen besser erschließen und Oberhausen zu einem besseren Standort machen. Neuansiedlungen schaffen Einnahmen durch Gewerbesteuer, neue Arbeitsplätze senken die Ausgaben für Sozialleistungen.
Lassen Sie uns mit dem Masterplan Neue Mitte die Transformation Oberhausens in eine moderne Stadt nach vorne treiben. Lassen Sie uns zeigen, dass die Herausforderungen des Klimawandels und der Wirtschaft miteinander vereinbar sind, dass Wohlstand und Umwelt Hand in Hand gehen können.
Wie wir es schon im letzten Jahr angedeutet haben, lässt unsere politische Überzeugung es nicht zu, einem solchen Haushalt ein weiteres Mal zuzustimmen – wohl aber erkennen wir auch die positiven Ansätze an und werden uns nach sehr intensiver Beschäftigung aus diesem Grund extrem differenziert bei den einzelnen Abstimmungen verhalten, dennoch uns beim Gesamtwerk und der Satzung am Ende enthalten.
Es gibt durchaus auch Positives zu bemerken. Oberhausen hat auch in diesem Jahr wieder gezeigt, wie gut und effizient es Krisensituationen meistern kann. Darum müssen wir neben dem gebotenen Respekt – ich habe es eingangs schon erwähnt – auch einen großen Dank an unsere Verwaltung richten. Auch danken wir dem Kämmerer dafür, dass er bei den Investitionen zur Bildung keine Einschnitte vornimmt und sich hier auch flexibel zum Beispiel in Sachen Offener Ganztag gezeigt hat.
Wir haben keine Kohle mehr, unser Kapital sind wir, sind unsere Kinder, ist unsere Bildung. Hier dürfen wir nicht sparen.
Leider sind die Zustände in unseren Bildungseinrichtungen desolat, unübertrieben katastrophal:
Eine Realschulklasse, die seit den Sommerferien noch nicht eine einzige reguläre Deutschstunde gehabt hat, eine Grundschullehrerin, die über Tage hinweg gleichzeitig zwei Klassen in unterschiedlichen Klassenzimmern unterrichten musste und Studentinnen oder Studenten, die Hauptfächer allein unterrichten müssen. Wir haben einen dramatischen Lehrkräftemangel, der die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Lehrplans schon lange nicht mehr gewährleisten kann.
Das ist leider nachweisbare harte Realität an Oberhausener Schulen – das glaubt man nicht, wenn man es selbst nicht gesehen hätte.
An den meisten dieser Fakten ist unsere Verwaltung freilich nicht Schuld – aber wir müssen sie – und wenn ich hier „wir“ sage, meine ich alle demokratischen Fraktionen und Gruppen, dabei unterstützen, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden.
Darum werden wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in den nächsten Tagen anschreiben und in einem Arbeitsgespräch darum bitten, gemeinsam Lösungen zu finden, um unsere Stadt in Bildungsfragen nach vorne zu bringen und für Fachkräfte zu attraktivieren.
Denn bei einer Sache sind wir sicher alle derselben Meinung:
In einer Krise macht nur Einigkeit stark. Und das ist doch bei allen negativen Aspekten eine gute Nachricht, die Hoffnung gibt.