Haushaltsrede 2022 - Marc Hoff

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Tsalastras,

immer noch hält die Corona Pandemie uns fest im Griff, stellt uns vor finanzielle und zeitliche Herausforderungen verbunden mit der steten Angst vor dem Virus und schweren Verläufen. Doch in der Krise liegt auch die Chance mit pragmatischen Lösungen Innovationen voranzutreiben, Abläufe zu optimieren und Bürokratie abzubauen.

Aber zunächst möchte ich einmal danke sagen.

Danke an Sie, lieber Herr Oberbürgermeister für die Unterstützung, die wir hier erfahren. Danke an Kämmerer und Verwaltungsspitze, die stets für Fragen, Anregungen und - meist auch - für Gespräche offen waren. Danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die uns die meisten Anliegen und Nachfragen kompetent und schnell beantwortet haben. Auch ein großes Dankeschön an alle demokratischen Gruppierungen hier im Rat der Stadt für den fairen Umgang und die Gespräche auf Augenhöhe. Wir als FDP-Ratsgruppe wissen das wirklich sehr – sehr zu schätzen.

Der Haushalt, lieber Herr Tsalastras steht wie im letzten Jahr im Zeichen der Pandemie. Durch die Möglichkeit, alle coronabedingten Kosten auszubuchen, war es der Stadt auch in diesem Jahr möglich, wieder nahezu alle freiwilligen Leistungen für das nächste Jahr abzubilden. Auf die Gefahr hin, mich bei meiner Haushaltsrede aus dem letzten Jahr zu wiederholen, der Haushalt ist eine vom Land genehmigte Mogelpackung, dessen letzte Rate erst in 50 Jahren beglichen sein wird.

Wir dürfen unsere Augen nicht vor den Versäumnissen der Vergangenheit verschließen und müssen zumindest die strategischen Planungen für eine bürgerfreundliche, digitale und effiziente Verwaltung sofort beginnen. Dort, wo jetzt pandemiebedingt pragmatische Lösungen gefunden wurden, müssen wir diese in den Prozess aufnehmen.

In meiner knapp bemessenen Redezeit möchte ich Ihnen drei Aspekte aufzeigen, die zwingend und nachhaltig angegangen werden müssen.

Erstes Beispiel: Die Kita Rechenacker bekommt nun endlich den lang erwarteten Erweiterungs-Neubau. Über Effizienz und Planung könnte ich meckern: doppelte Bauzeit und immer weitere Probleme, die eigentlich nicht im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, aber von der Stadt bezahlt werden. Das neue – zugegebenermaßen schöne und sehr zweckmäßige – Zuhause für zwei Kitagruppen kostet 1.8 Mio Euro! Stellen Sie sich vor, Sie würden ein Haus bauen und bekämen das Grundstück auch noch geschenkt. Was für einen Palast könnte man dafür bauen – in Oberhausen reicht das gerade für zwei Kita-Gruppen. Respekt.

Gelder der Stadt werden mitunter viel zu leichtfertig und in schwer nachvollziehbarer Höhe ausgegeben. Sparen heißt nicht nur, Dinge wegzulassen, sondern auch effizient zu planen. Jeder weiß, das Paket Butter im Supermarkt geplant einzukaufen ist billiger als abends an der Tankstelle.

Zweitens: Studien, Konzepte, Planungen… Wir planen viel in Oberhausen, geben ungeheure Summen an Stadtplaner, Ingenieurbüros und Konzepterstellungsfirmen aus. 80.000 Euro für ein Konzept für Ladesäulen-Infrastruktur – für die Tonne. Passt nicht, ist nicht wie gewünscht oder erwartet – wird neu gemacht von jemand anderem - und natürlich neu bezahlt.

Mobilitätskonzept – gut Ding will Weile haben? Nein, jahrelang mit einer Firma gearbeitet, schon zigtausende Euros bezahlt und festgestellt, dass diese sich nicht an die Vorgaben hält. Jetzt wird eine neue Firma gesucht und beauftragt. Das dauert – Oberhausen wartet – und zahlt. Planungsbüro für Oberhausen müsste man sein.

Für mich persönlich am fassungslosesten (sofern es diesen Superlativ überhaupt gibt) war zuletzt die Präsentation für einen Fahrradschnellweg. „Wir haben eine Trasse.“ wurde im Ausschuss verkündet. Auf Nachfrage allerdings musste man dann aber sehen, wie unabgesprochen, unausgegoren und dilettantisch der hochbezahlte Planer diese Trasse verortet hat, als er die Flaßhofstraße zur Fahrradstraße umwidmen wollte.

Zugegeben, nicht alle Gelder kommen da aus dem Stadtsäckel, oft sind es auch Fördergelder. Aber es zeigt doch, wie wenig effizient in unserer Stadt gearbeitet wird.

Effizienz, da sind wir beim dritten Beispiel – der Struktur der Verwaltung und den Personalkosten. Längst überfällig ist es, dass unsere Stadt effizienter und bürgerfreundlicher ausgerichtet wird. Es wird endlich Zeit, auch einmal die Digitalisierungsrendite mitzunehmen und durch moderne volldigitalisierte Prozesse schneller und kostengünstiger zu werden.

Lassen Sie uns, lieber Herr Oberbürgermeister, den Startschuss geben für eine bürgerfreundlichere Verwaltung – wir nennen das neudeutsch „One Stop Shop“. Durch das Vorschalten eines Bürgerbüros, in dem alle notwendigen Verwaltungsvorgänge erfasst werden – zum Beispiel bei einem Umzug – können die Fachabteilungen durch weniger Publikumsverkehr konzentrierter und ungestörter ihren Arbeiten nachkommen und effizienter werden. Das schafft ein zügigeres Abwickeln von Vorgängen und auch für die Bürgerinnen und Bürger eine einheitliche Ansprechstation für alle Amtsgänge.

Stichwort Personalkosten: Der Kämmerer weist für die nächsten Jahre ein jährliches Plus von ca. 2,5% an Mittelbedarf für das Personal aus, damit Tarifsteigerungen berücksichtigt werden. Das macht auf der einen Seite Sinn, zeigt aber auf der anderen Seite nicht den Willen, auf Dauer Personal einzusparen. Die massive Erhöhung des Wertes in diesem Jahr auf 11% Steigerung wird mit Bedarfen durch die Corona-Pandemie erklärt. Ich bin ganz offen, ich vermag nicht zu sagen, ob das in dieser Höhe notwendig ist. Aber eines verwundert doch frappierend: Diese 11% werden auch für die Zeit nach Corona einfach weiter mitgenommen und nirgendwo wieder eingespart.

Ich fasse zusammen:

  • Wir zahlen viel Geld für eine altbacken organisierte Verwaltung, die mit moderner, digitaler und bürgerfreundlicher Struktur nichts gemein hat und nehmen keine Digitalisierungsrendite mit.
  • Wir zahlen riesige Summen an Planungsbüros, Konzeptersteller und externe Dienstleister, deren Nutzen und Qualität für die Stadt oft zweifelhaft sind.
  • Wir zahlen gigantische Beträge für Baumaßnahmen, die mit ortsüblichen Preisen rein gar nichts mehr zu tun haben; Qualitäts- und Prozessmanagement scheinbar nicht vorhanden.

 

Ein katastrophales Bild… Aber die notwendigen tiefgreifende Änderungen benötigen eine fachlich exzellente und sich stets weiter entwickelnde Strategie – das fordert Kapazitäten und Engagement. Ressourcen, die in der Stadtverwaltung in der Pandemie leider nicht mehr zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund – und auch nur aus diesem Grund lassen wir Ihnen diesen Haushalt heute noch einmal „durchgehen“ – fordern aber dass das Qualitätsmanagement und die Digitalisierung der Verwaltung zur Chefsache werden, um dies endlich strategisch voranzutreiben.

Vielen Dank.