FDP Haushaltsrede 2021 - Marc Hoff

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Oberhausenerinnen und Oberhausener,

Jede und Jeder von uns weiß – es ist eine schwere Zeit. Die Pandemie hat uns fest im Griff, die Wirtschaft steht in vielen Bereichen still, das gesellschaftliche Leben ist zum Erliegen gekommen. Schlimmer noch, viele Familien trauern um den Verlust von geliebten Angehörigen. Da mutet es fast aberwitzig an, dass heute der Rat unserer Stadt tagt, um über Geld zu reden. Nichtsdestotrotz ist es gerade in dieser Zeit wichtig, sinnvoll zu planen, um den bestmöglichen Weg heraus aus dieser Krise zu finden. Jetzt hat der Kämmerer auch die Zahlen dazu vorgelegt.

Trotz der weitreichenden Auswirkungen der Pandemie, coronabedingter riesiger Mehrkosten für Stadt und Verwaltung und gigantischen Ausfällen an Einnahmen durch z.B. Gewerbesteuer, ist dieser Haushalt ausgeglichen - alle geplanten freiwilligen Leistungen werden durchgeführt. Einer Genehmigung des Haushalts steht somit nichts im Wege.

Lassen Sie uns, Herr Tsalastras, eine Flasche Sekt darauf öffnen und anstoßen – Wohl eher nicht.

Tatsache ist, und das ist so auch vom Kämmerer unbestritten, dass der Haushalt eine (zugegebenermaßen von Land und Bund freigegebene) Mogelpackung ist. Das, was wir durch Corona an neuen Schulden machen müssen (und das sind ca. 75 Millionen Euro, also fast 400 Euro mehr Schulden für jede einzelne Oberhausenerin und jeden einzelnen Oberhausener - allein in diesem Jahr), wird auf bis zu 50 Jahre abgeschrieben und zurückgezahlt.

Die Flasche Sekt auf diesen Haushalt können also in 50 Jahren hier an dieser Stelle unsere Kinder oder Enkel öffnen. Das schockt dann schon ein bisschen…

In meinen 5 Minuten Redezeit kann ich leider nicht auf alle inhaltlichen Details eingehen, möchte aber drei generelle Dinge, die diesen Haushalt belasten, erwähnen.

Erstens sieht man an der Entwicklung der Personalkosten in der Verwaltung, dass diese immer größer wird, anstatt sich endlich bürgerfreundlicher, effizienter und moderner strukturiert den Möglichkeiten der Digitalisierung anzupassen.

Wer eine mögliche Effizienzerhöhung durch die Digitalisierung verschläft, der spart nicht gut.

Zweitens wurde bisher verschlafen, ein kompetentes und umfassendes Gesamtkonzept zur friedlichen Koexistenz aller Verkehrsformen vorzulegen. In Sachen Mobilität werden noch immer Gelder verschleudert. Bestes Beispiel sind eilig auf die Straße gepinselte haarsträubende Insellösungen zur Fahrradförderung ohne innerstädtischen Anschluss.

Wer also Geld für unsinnige Leuchtturm-Projekte verschleudert, der wirtschaftet nicht effizient.

Drittens halten wir es für problematisch, dass trotz enormer Mehrkosten durch die Pandemie, fast alle freiwilligen Leistungen der Stadt 1:1 durchgeführt werden. Wer so wirtschaftet, der handelt nicht generationengerecht.

Wir wissen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, dass ein sachpolitisches Arbeiten aufgrund der Konstellation im Rat auch schon in der letzten Wahlperiode schwierig war.

Jetzt nach der Wahl ist zwar alles anders aber nicht in allen Belangen leichter geworden. Gerade in der jetzigen Konstellation ist es elementar wichtig, dass die demokratischen Gruppierungen des Rates zusammenhalten und besser zusammenarbeiten.

Gerade jetzt, in einem Rat ohne feste Koalitionen, sollten wir parteitaktisches Geplänkel, Showanträge und Taktierungen außen vorlassen, um besser das tun zu können, für das Jede und Jeder hier von uns gewählt wurde, nämlich Sachpolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu machen.

Als Freie Demokraten im Rat unserer Stadt sind wir aber selbstverständlich nicht nur die, die den Finger in die Wunde legen wollen, sondern auch die Partner in sinnvollen Kooperationen. Wir wollen keine Fundamental-Opposition sein, sondern konstruktiv mitgestalten, um unsere Stadt nach vorne zu bringen.

Wir haben Sie, Herr Oberbürgermeister, bei Ihrer Wahl unterstützt, weil wir viele Gemeinsamkeiten in den Zielen gesehen haben und auch die vorhandenen Ansätze Ihres Handelns erkennen können.

Die besondere pandemische Situation hat unsere Bürgerinnen und Bürger schwer getroffen, darum können wir natürlich auch das Handeln der Verwaltung verstehen, möglichst nicht noch mehr Einschnitte zu machen, wo es nicht unbedingt notwendig ist, zumal unsere Landesregierung die Möglichkeiten im Haushalt anbietet.

Gerade aber für die nächsten Planungen fordern wir Freien Demokraten mehr Berücksichtigung des Gedankens an eine bürgerfreundlichere schlanke und effektive Verwaltung. In Verwaltungsfragen: 1x Click oder ein Besuch, ein Ansprechpartner, eine Sachbearbeitung und alles muss erledigt sein. Wir nennen das „One-Stop-Shop“.

Wir werden einen Ideenpool zu diesem Thema erstellen und nach Fertigstellung eines Entwurfs alle demokratischen Fraktionen und Gruppen hier im Rat einladen und hoffen, abseits von Koalitionen früherer Tage in dieser Sache konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Im Hinblick auf unsere Verantwortung gegenüber unserer Stadt und als Signal zur genannten Zusammenarbeit und gemeinsamen Kooperation mit unserem Oberbürgermeister stimmen wir Freien Demokraten, nicht ohne Kritik, diesem Haushalt zu.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Marc Hoff - Vorsitzender der FDP im Rat der Stadt Oberhausen